Eugenie Schwarzwald (1872–1940)Eugenie (Genia) Schwarzwald (1872–1940) Die Pädagogin und Intellektuelle war nicht nur Pionierin der Mädchenbildung und Schöpferin zahlreicher karitativer Einrichtungen, in deren Salons trafen sich die bedeutendsten Persönlichkeiten des Kulturlebens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie genießt das Privileg, in Karl Kraus‘ „Letzten Tagen der Menschheit“ karikiert worden zu sein, auch in Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ hat sie ihre Spuren hinterlassen. Sie gehörte in Wien zwischen 1901 und 1938 zu den bekanntesten Frauen der Stadt. Ihr erlauchter Kreis wurde von den Nationalsozialisten zerschlagen. Sie erlitt schließlich ein für Frauen typisches Schicksal: sie wurde vergessen. Nicht aber in Grundlsee: Der Festsaal im Mondi Ferienclub ist nach ihr benannt. Warum, ist im nachfolgendem Artikel beschrieben. Genia Schwarzwald und ihr Sommerheim am Grundlsee Am Grundlsee, in Archkogl 31, erwarb Genia Schwarzwald 1920 ein altes, baufälliges Hotel, das sie umbauen ließ und 1921 als „Sommerheim Seeblick", ein Erholungsheim für geistige Arbeiter, eröffnete. 1938 mußte sie es als jüdischen Besitz um ein Zehntel des Wertes verkaufen. Hier im „Seeblick" war die Hausherrin eine Reformpädagogin und Philantrophin, die während des Krieges und in der Nachkriegszeit zahlreiche soziale Hilfswerke ins Leben gerufen hatte – unter ihnen auch dieses Erholungsheim. Hier war man zahlender Gast, der zu günstigen Preisen seinen Urlaub in einem „alkoholfrei geführten Heim" verbrachte. Zitat aus dem damaligen Prospekt: „Angenehm wird die Zusammensetzung des Publikums empfunden. Die Gäste, Angehörige aller freien Berufe, sind meist aus Österreich und Deutschland, aber auch Amerikaner, Dänen, Engländer und Schweden kommen gerne. Aus dieser Mannigfaltigkeit ergibt sich ein freundlichbewegtes geselliges Leben, welches oft durch künstlerische Darbietungen von hohem Werte gesteigert wird." Welche Gäste den „Seeblick" bevölkerten, beschrieb Walter Bloem am 9. August 1929 humorvoll-satirisch im Gästebuch: Unter den teils weltbekannten, teils noch unbekannten, aufstrebenden Künstlern fanden sich auch etliche Burgtheaterleute. Freilich waren es weniger die Schauspieler, als vielmehr Autoren und Regisseure. Einer der Stammgäste war der Schriftsteller und Kulturphilosoph Egon Friedell (1878–1938), der mit seinem trockenen Witz alle zum Lachen brachte. Weitere Gäste: z. B. der Schriftsteller Carl Zuckmayer (1896–1977) – „Der Hauptmann von Köpenick“, ein besonders umhegter Stammgast war die dänische Schriftstellerin Karin Michaelis (1872–1950), die langjährig engste Freundin von „Fraudoktor", wie Genia Schwarzwald allgemein genannt wurde; Raoul Auernheimer (1876–1948), dessen Lustspiele an der Burg oft gespielt wurden und nicht zuletzt der stille, feinsinnige Dichter Felix Braun (1885–1973), der nach der Rückkehr von der Emigration den Grundlsee zu seiner Wahlheimat erkor. Auch Robert Musil (1880–1942) fand sich im Schwarzwald-Kreis ein; der Hamburger Schauspieler und Regisseur Axel von Ambesser (1910–1988), der später oft an der Burg inszenierte und spielte, war als junger Mensch langjähriger Stammgast ebenso wie der berühmte Maler Oskar Kokoschka (1886–1980). Zwei Künstler unter den Gästen sind noch besonders hervorzuheben: Berthold Viertel (1885–1953), und die Schauspielerin Elisabeth Neumann Viertel (1900–1994), eine Schwarzwaldschülerin. Dr. Eugen Antoine, ein Zeitzeuge, schrieb: „Der ‚Seeblick´ war eine so einzigartige, so eigenwüchsige Unternehmung, daß man kühnlich behaupten kann, ein solcher Versuch konnte nur in Österreich gemacht werden und auch nur in Österreich in so vollkommenem Maße gelingen." (Auszug aus einem Beitrag von Johanna Palme in der Begleitschrift zur Ausstellung „Das Wiener Burgtheater am Grundlsee“ 1995 im Kaiserlichen Stall.) |